Skizzenbuch#4: Biodynamische Präparatelehre


Skizzenbuch#4: Biodynamische Präparatelehre

Inmitten der aufkommenden „Agricultur-Chemie“ des frühen 20. Jahrhunderts schien er geradezu vom Himmel zu fallen: Rudolf Steiner. Der Philosoph, Theosoph und Begründer der Anthroposophie beschäftigte sich mit Vielem, darunter mit Pädagogik, Kunst, Architektur, Tanz und – weniger bekannt – mit Landwirtschaft. Mit seinen acht, im Jahr 1924 auf Gut Koberwitz bei Breslau gehaltenen, Vorträgen zu „Geisteswissenschaftlichen Grundlagen zum Gedeihen der Landwirtschaft“ löste er eine kleine Revolution inmitten der noch jungen Bodenforschung aus. Eingeladen war Steiner von einigen Gutsbesitzern und Bauern worden, denen der massive Einsatz des erst seit Kurzem erhältlichen Kunstdüngers und die damit verbundenen Veränderungen im Bodenleben bereits in den 20er Jahren suspekt waren. Massenwirksam wurde seine Lehre allerdings erst viele Jahrzehnte später – im Rahmen der Ökologiebewegung der 80er Jahre, als man zu den frühen Reformern zurück kehrte.
Steiner beeinflusste auch die „organisch-biologische Landwirtschaft“. Doch im Gegensatz zu dieser heute wesentlich weiter verbreiteten Form des Biolandbaus widmete sich Steiner auch großen »irdischen und kosmischen« Zusammenhängen: Während die empirische (Boden-)Mikrobiologie begann, dank neuer Mikroskope immer neue Stoffprozesse und Wirkkräfte in immer kleineren Welten sichtbar zu machen, setzte Steiner auf eine Makrokosmologie,  in der »kosmischen Rhythmen«, »Astralkräften«, aber auch der »Lebendigkeit« des Materiellen besondere Bedeutung zukam. Die Kritik als Grenz- oder Pseudowissenschaft folgte – vor allem von Seiten der Chemie – auf den Fuß. Dabei war es gerade die chemische Industrie, die das aufkommende Wissen über komplexe Bodenprozesse lange ignorierte.
Davon unbeeindruckt entwickelten Steiners NachfolgerInnen die »biodynamischen Präparate« zur Arbeitsmethode weiter. Den Feldspritz- und Kompostpräparaten wird bereits in einer Konzentration von nur einigen wenigen Gramm pro Hektar eine »feinstoffliche« Wirkungsweise nachgesagt. Ähnlich der Homöopathie ist die Besonderheit der Präparate empirisch-wissenschaftlich derzeit noch nicht nachweisbar, in verschiedenen Anbauversuchen wurden aber sehr wohl Auswirkungen festgestellt. Wissen wir also immer noch viel zu wenig über das Leben im Boden? Oder können Theorien Praktiken hervorbringen, die ihre Theorien überflügeln? Wir haben die Präparate, ihre Zubereitung und Austragung unter die Lupe genommen.